Wirkstoffe dahin bringen, wo sie gebraucht werden (FSU)

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DFG fördert Sonderforschungsbereich „PolyTarget“ in der zweiten Phase mit fast 15 Millionen Euro

Medikamente haben meist Nebenwirkungen, weil sie in hoher Dosis verabreicht werden müssen, damit der Wirkstoff da ankommt, wo er gebraucht wird. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben sich deshalb der Suche nach alternativen Trägermaterialien verschrieben und entwickeln seit 2017 im Sonderforschungsbereich (SFB) „PolyTarget“ Systeme, mit denen sich Medikamente zielgerichtet an den Ort ihrer Bestimmung lotsen und die Wirkstoffe genau dort abliefern lassen, wo sie gebraucht werden. Unterstützt werden die Jenaer Expertinnen und Experten dabei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die nun eine weitere Förderung über fast 15 Millionen Euro für die kommenden vier Jahre zugesagt hat. Am SFB beteiligt sind neben Forschenden aus den Bereichen Chemie, Materialwissenschaften, Pharmazie und Biochemie der Universität Jena auch Medizinerinnen und Mediziner des Universitätsklinikums Jena sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Jenaer Leibniz-Institute für Photonische Technologien, für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie sowie für Alternsforschung und die Universität Erlangen-Nürnberg. In der ersten Förderphase gingen aus dem SFB über 200 Publikationen hervor, davon über 110 gemeinsame Publikationen von mehreren Antragstellern.

Partikel maßschneidern 

„Wir verpacken Wirkstoffe in winzige und hinsichtlich ihrer Funktion maßgeschneiderte Polymer-Nanopartikel“, erläutert Prof. Dr. Ulrich S. Schubert, Sprecher des Forschungskonsortiums. Durch die Ankopplung von Antikörpern, Peptiden oder anderen Molekülen mit bestimmten Erkennungsstrukturen wird gewährleistet, dass die Nanopartikel nur in das gewünschte Zielgewebe eindringen. Um die Zirkulationszeit im Körper zu erhöhen und unerwünschte Wechselwirkungen mit Proteinen zu minimieren, können die Nanopartikel mit sogenannten „Tarnkappen“-Polymeren praktisch „unsichtbar“ gemacht werden. Zur Diagnostik werden zudem Farbstoffe in die Trägermaterialien eingeschlossen oder an diese gebunden.

PolytTarget widmet sich sämtlichen Aspekten der Erzeugung und effizienten Anwendung von Nanopartikeln zur Behandlung von Entzündungen. So bauen die Forschenden u.a. Polymerbibliotheken auf, entwickeln entzündungshemmende Wirkstoffe und modellieren die Wechselwirkung zwischen Wirkstoffen und Polymeren. Schließlich testen sie die Wirksamkeit der neuen Nanopartikel und entwickeln biomedizinische Bewertungsmethoden.

„Die besondere Stärke des SFB umfasst die Fähigkeit zur vollständigen Charakterisierung aller Schritte, die an der Erzeugung und Anwendung der Nanopartikel beteiligt sind“, macht Schubert deutlich. 

Nanopartikel gegen Entzündungsprozesse

Neu entwickelte Wirkstoffe, die von gewebespezifischen Nanopartikeln eingekapselt werden, ermöglichen es, lokale und systemische Entzündungsreaktionen aufzulösen und entfernte Organe zu schützen und somit Organversagen vorzubeugen. Das Konsortium verfolgt das langfristige Ziel, zelltypspezifische polymere Nanopartikel als Wirkstoffträger zu entwickeln, die in den verschiedenen Stadien von Entzündungsprozessen selektiv eingreifen. Der SFB „PolyTarget“ reagiert in der zweiten Förderperiode auch auf die aktuelle Pandemie und hat einen Projektbereich aufgestellt, der gezielt viral verursachte Entzündungsreaktionen untersucht. Die Translation der Forschungsergebnisse wird in Kooperation mit Start-ups für kommende klinische Studien umgesetzt. Ein kürzlich genehmigtes Translationsprojekt erweitert den SFB hierbei.

„PolyTarget“ wird auch einen Beitrag für den Wissenstransfer im Bereich Nanotechnologie leisten. Im Rahmen eines neu installierten Projekts überführen die Expertinnen und Experten die Thematik der Polymer-basierten Nanopartikel in den Schulunterricht, um grundsätzliche Ansätze und ein Verständnis dafür bereits in der schulischen Bildung zu integrieren, ein qualifiziertes Grundlagenwissen bei Kindern zu erreichen – und so kommende Generationen an Forscherinnen und Forschern zu inspirieren.