Das Nothobranchius-Projekt

Bei der Alternsforschung in Wirbeltieren (Vertebraten) ist es aufgrund der langen Lebensspannen von Modellorganismen wie der Maus oder dem Zebrafisch schwierig, schnelle Forschungsergebnisse zu erzielen. Vor wenigen Jahren wurde von Forschern des FLI die extreme Kurzlebigkeit des Türkisen Prachtgrundkärpflings (Nothobranchius furzeri) entdeckt, der nun im Nothobranchius-Projekt als neuer Modellorganismus in der Alternsforschung etabliert wird.

Der Türkise Prachtgrundkärpfling

Der N. furzeri lebt in saisonal austrocknenden Tümpeln in halbtrockenen Gebieten in Südost-Afrika, in denen Regenfälle selten und nicht vorhersehbar sind. Der Fisch hat sich an das regelmäßige Verschwinden seines Lebensraums auf vielfältige Weise angepasst. So sind die befruchteten Eier von einer gegen Austrocknung resistenten Hülle umgeben. Fisch-Embryonen können zudem auch längere Trockenperioden überstehen, indem sie in so genannte Diapausen eintreten, in denen die Entwicklung für ein Jahr oder auch länger ruhen kann. Aufgrund der zeitlich begrenzten Niederschläge im Verbreitungsgebiet von N. furzeri umfasst die natürliche Lebensspanne des Fisches nur wenige Monate. Da sich die Lebenserwartung auch unter optimalen Laborbedingungen nicht ändert, ist der Fisch ein vielversprechender kurzlebiger Modellorganismus für die Alternsforschung.

Methodischer Ansatz

So wurden bereits erste Untersuchungen zum Einfluss pharmakologischer Substanzen auf die Lebensspanne von N. furzeri durchgeführt. Der Fisch ist zudem durch das Vorhandensein verschiedener natürlicher Populationen mit unterschiedlicher Lebensspanne sehr gut geeignet, um genetische Determinanten der Lebensspanne zu untersuchen. Daher werden am FLI genetische und genomische Grundlagen erarbeitet, die zur Etablierung von N. furzeri als Modellsystem für die Untersuchung molekularer Mechanismen des Alterns beitragen.

Das Nothobranchius-Projekt wird am FLI von drei eng miteinander verzahnten Gruppen verfolgt:

Biologie des Alterns

Der N. furzeri ist aufgrund seiner kurzen Lebensspanne ein idealer Modellorganismus zur Untersuchung, welche Manipulationen und Veränderungen von biologischen Mechanismen zu einer Verlängerung der Lebensspanne führen. Drei Ansätze zur Verlangsamung des Alterns werden verfolgt:

  • die Manipulation von Umweltfaktoren (z.B. Temperatur)

  • Nahrungsergänzungsmittel mit kleinen Molekülstrukturen (z.B. Resveratrol)

  • die Kreuzung mit langlebigeren Unterarten

Ziel der Furzeri-Forschung in der Gruppe Cellerino ist es, noch weitere lebensverlängernde Manipulationen zu finden und aufzuzeigen, ob über das Aussehen (Phänotyp) verschiedener N. furzeri-Unterarten Rückschlüsse auf die genetische Prädisposition hinsichtlich der Lebenserwartung möglich sind.

Website Forschungsgruppe Cellerino

Alterns-assoziierte Gene und Signalwege

Ziel der Englert-Gruppe ist es, am N. furzeri die biochemischen Signalwege zu untersuchen, die das Altern und die Lebenserwartung in Wirbeltieren regulieren. Momentan isolieren wir alterns-assoziierte Gene und untersuchen ihren Einfluss beim Altern. Über die Manipulation dieser Gene können wir die Auswirkungen auf die Lebensspanne beobachten. So wurde bspw. die CRISPR/Cas9-Methode zur Manipulation des Genoms von N. furzeri etabliert. Darüber hinaus prüfen wir am Nothobranchius einige klassische Hypothesen zum Altern, bspw. den Zusammenhang zwischen der mitochondrialen Aktivität und der Lebensspanne der Fische.

Website Forschungsgruppe Englert

Genomik des Nothobranchius furzeri

Wir arbeiten an der Sequenzierung und Analyse des Genoms und Transkriptoms von N. furzeri. Dazu verwenden wir die so genannte Schrotschuß-Methode unter Nutzung der klassischen Sanger- sowie der hochparallelen 454-Sequenziertechnologie. In ähnlicher Weise bearbeiten wir das N. furzeri-Transkriptom, wobei wir sowohl normalisierte als auch sogenannte subtrahierte cDNA-Banken untersuchen (in Zusammenarbeit mit der Firma Evrogen, Moskau, Russland). Vergleichende Analysen der N. furzeri-Sequenzen mit dem Zebrafisch (Danio rerio), dem Pufferfisch (Tetraodon nigroviridis), dem Japanischen Reisfisch Medaka (Oryzias latipes) und dem Stichling (Gasterosteus aculeatus) bilden eine wesentliche Grundlage für die Untersuchung molekularer, biochemischer und evolutionärer Aspekte des Alterns im N. furzeri.

Eine erste Charakterisierung des Genoms von N. furzeri haben wir im Journal Genome Biology veröffentlicht.

Unsere Arbeiten stellen neben Kreuzungsexperimenten mit entsprechender Phänotypisierung eine Voraussetzung für Kopplungs- und QTL-Analysen dar, die letztendlich auf die Identifizierung der genetischen Loci abzielen, die die Lebensspanne und altersspezifische Merkmale in N. furzeri bestimmen. Unser langfristiges Ziel ist es, altersrelevante Gene zu finden (z. B. durch positionelle Klonierung) und experimentell zu analysieren. Mit den bisherigen Arbeiten und durch die fortgesetzte systematische Analyse des Genoms und Transkriptoms von N. furzeri wollen wir zu einem besseren Verständnis des Alternsprozesses in Vertebraten beitragen.

Webseite Forschungsgruppe Platzer

Weiterführende Informationen finden sich im NFIN - The Nothobranchius furzeri Information Network.

Kontakt

Christoph Englert
Koordinator Projekt Nothobranchius
+49 3641 65-6042
christoph.englert@~@leibniz-fli.de