Ehemalige Fellow-Gruppe González-Estévez (bis 2019)

Regeneration und Langlebigkeit von Planarien:
Mythos der Unsterblichkeit

Planarien (Strudelwürmer) sind in der Lage, aus einem winzigen Teilstück ihres Körpers den kompletten Organismus zu regenerieren, egal, ob das Fragment vom Kopf, Rumpf oder Schwanz stammt. 1898 zeigte T. H. Morgan, dass bereits 1/279stel einer Planarie genügt, damit einer neuer Klon entsteht. Montgomery und Coward berichteten 1974 von etwa 1x104 Zellen, die dafür ausreichen. Durch ihre enorme Regenerationsfähigkeit sind die kleinen Tiere schon seit zwei Jahrhunderten beliebte Modelle für die Untersuchung der Mechanismen, die der Gewebewiederherstellung zugrunde liegen.

Doch was macht die Planarien so anpassungsfähig? Alle ihre Organe sind in ein mesodermales Gewebe eingebettet (Parenchyma), das aus verschiedenen teilungsunfähigen Zelltypen und nur einem mitotisch aktiven Zelltyp besteht, den Neoblasten. Diese Neoblasten sind adulte Stammzellen und machen etwa 15-25% aller parenchymalen Zellen aus. Zudem beinhalten sie auch pluripotente Stammzellen, sogenannte cNeoblasten. Die enorme Teilungsfähigkeit und Pluripotenz dieser Stammzellen ist der Grund für die außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit der Planarien.

 

Der Regenerationsprozess von Planarien ist deshalb so besonders, weil sie nach einer Verletzung alle fehlenden Körperteile innerhalb von nur sieben Tagen komplett wiederherstellen können. Nach diesen sieben Tagen muss die Planarie nur noch die Proportionen der neuen Körperteile anpassen. Das Interesse unserer Forschungen gilt insbesondere der Fragestellung, wie die Stammzellen gesteuert werden, damit ein Regenerationsprozess stattfinden kann.

Die meisten Planarien können lange Hungersperioden problemlos überstehen, indem sie von einer erwachsenen Größe auf ihre Ursprungsgröße bei Entstehung zurückschrumpfen. Zunächst werden Futterreserven aus der Gastrodermis und dem Parenchym freigesetzt. Später werden Teile der Geschlechtsorgane, Hoden und Eierstöcke verdaut. Überraschenderweise wachsen Planarien bei Futtergabe wieder zu ihrer erwachsenen Größe an, und alle Reproduktionsorgane werden vollständig funktionstüchtig wieder hergestellt. Dieser Prozess kann über lange Zeiten immer wieder stattfinden, ohne dass das Individuum oder seine Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt werden. Auch die Anzahl der Stammzellen scheint in Hungerszeiten stabil zu bleiben.

Wachsen und Schrumpfen ist im Leben einer Planarie ein kontinuierlich fortlaufender Prozess, so dass sie ständig ihren Körper um- und nachbauen. Die Stammzellen müssen für diese Prozesse demnach präzise gesteuert werden.

 

Es ist schon lange bekannt, dass eine kalorische Restriktion bei vielen Organismen das Altern verlangsamen und die Lebensspanne verlängern kann. Erst in jüngster Zeit jedoch wird vermutet, dass der lebensverlängernde Effekt des Fastens zumindest teilweise auf eine verbesserte Stammzellfunktion zurückzuführen ist. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Planarien während der Hungerzeiten dazu fähig sind, ihr Stammzellsystem zu regulieren und an die Mangelernährung anzupassen. Unser Ziel ist es herauszufinden, ob und auf welche Weise Nahrungsmangel die Funktion von Stammzellen verändert.

Kontakt

Cristina González-Estévez
Ehemalige Fellow-Gruppenleiterin