Nachgeholtes FLI-Kolloquium mit Andreas Beyer: Systembiologie des Alterns

Jena. Die Leistungsfähigkeit biomolekularer Prozesse nimmt mit dem Alter ab, was maßgeblich zu alternsbedingten physiologischen Veränderungen beiträgt. Diese Veränderungen haben weitreichende Folgen für das Transkriptom (Gesamtheit aller Gene, die zu einem bestimmten Zeitpunkt von der DNA in RNA umgeschrieben werden) und das Proteom (Gesamtheit aller Proteine zu einem bestimmten Zeitpunkt) der Zelle und erfordern daher einen Ansatz auf Systemebene.

Andreas Beyer zeigt in seinem Vortrag, dass die Qualität der RNA-Synthese mit dem Alter abnimmt. Das bedeutet, dass die Elongationsgeschwindigkeit (Prozess zur Verlängerung von Molekülen) der RNA-Polymerase II mit dem Alter zunimmt, was wiederum zur Zunahme von Fehlern in der Sequenz der RNA und zu Veränderungen beim Spleißen (wichtiger Schritt zur Reifung der RNA) führt. Die Umkehr dieser Veränderungen der Pol-II-Elongationsrate verlängert die Lebensspanne im Fadenwurm und in der Fruchtfliege.

Seine Forschungsgruppe hat außerdem die Veränderungen in der Regulation der Transkription während des Alterns beim Menschen untersucht. Das Team stellte dabei überraschenderweise keinen generellen Rückgang der transkriptionellen Kopplung zwischen Genen fest. Während die Ko-Regulierung von Genen, die bei bestimmten zellulären Prozessen zusammenwirken, unverändert blieb, nahm die transkriptionelle Kopplung zwischen verschiedenen zellulären Prozessen in allen Geweben stetig ab. Diese Ergebnisse zeigen, dass die molekularen Verhältnisse innerhalb grundlegender Zellfunktionen in den alternden Zellen intakt bleiben, während die Koordination zwischen verschiedenen Prozessen mehr und mehr aus dem Gleichgewicht gerät.

Andreas Beyer ist Professor am Institut für Genetik der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und Mitglied des CECAD (Cluster of Excellence Cellular Stress Responses in Aging-Associated Diseases) als Leiter der Forschungsgruppe „Zelluläre Netzwerke und Systembiologie“. Sein Team analysiert den Alternsprozess im Menschen und in Modellorganismen, indem es die Aktivitäten aller Gene in einem Organismus gleichzeitig untersucht. Dazu verwendet die Gruppe computergestützte Ansätze zur Erforschung alternsassoziierter Veränderungen in molekularen Netzwerken und entwickelt diese weiter.

Das Kolloquium findet als hybride Veranstaltung online und in Präsenz statt. Zugangsdaten für die Online-Teilnahme werden Ihnen rechtzeitig vor der Veranstaltung zugesandt. Bitte melden Sie sich dafür bei Ivonne.Roeppnack-Jahnke@~@leibniz-fli.de an.