Jena. “Ich war sehr begeistert von der Idee und wollte die Möglichkeit wahrnehmen, diese Erfahrung zu machen“, sagt Sarah Naumann über ihr Praktikum in Finnland. Die angehende Biologielaborantin absolviert ihr drittes Ausbildungsjahr am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) Jena, derzeit in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Helen Morrison. Nun verbrachte Sarah ein sechswöchiges Praktikum an der Universität Oulu, genauer gesagt an der Fakultät für Biochemie & molekulare Medizin im Bereich "Disease Network" in der Forschungsgruppe von Alexander Kastaniotis (PhD). Das Auslandspraktikum wurde gefördert durch das EU-Programm Erasmus+.
Sarah Naumanns Ziel war es, Eindrücke in andere Labore, andere Arbeitsweisen und Organisationsstrukturen zu bekommen. Die Herausforderung, in einem fremden Umfeld mit vorher unbekannten Kollegen zu arbeiten, fand sie spannend. „Dies habe ich als Chance gesehen, um über mich hinauszuwachsen, meine Eigenverantwortung zu stärken sowie im wissenschaftlichen Bereich dazuzulernen.“ Auch den Aspekt, ein fremdes Land, eine neue Stadt sowie die Menschen dort kennenzulernen, fand Sarah sehr attraktiv.
Doch wie kommt man ausgerechnet auf Finnland? Vor der detaillierteren Planung des Auslandspraktikums wurde Sarah Naumann gefragt, ob sie ein Land präferiere. Da das Praktikum erst zum zweiten Mal für Auszubildende am FLI angeboten wurde, gab es noch keine engeren Verbindungen oder Kooperationspartner, auf die man zurückgreifen konnte, so dass Sarah mehr oder weniger freie Wahl hatte. Sie schlug einige Länder mit Universitäten und Instituten vor, welche sie persönlich interessierten, darunter auch Finnland. „Trotz dessen, dass Finnland für mich in der engeren Auswahl war, ist es letztendlich dem Zufall geschuldet, dass es für mich dort hinging. Wir haben leider generell wenige bis keine Rückmeldungen auf unsere Praktikumsanfragen bei den Wunschstandorten bekommen“, berichtet Sarah. Über weitere Kontakte sei man auf Alexander Kastaniotis und seine Arbeitsgruppe gekommen, der sehr engagiert war und schließlich das Praktikum ermöglichte.
Die Sprachbarriere war sehr gering, wie Sarah erzählte, denn auf Arbeit sprachen die meisten sehr gut Englisch und auch außerhalb der Arbeit, beispielsweise beim Einkaufen, konnte Sarah sich auf Englisch verständigen. Einige nützliche Wörter auf Finnisch sind Sarah im Gedächtnis geblieben. „Zum Beispiel kiitos - Danke oder moi – Hi. Allerdings kann ich mich auch noch an zufällige Begriffe erinnern, beispielsweise kukka - Blume, muna - Ei oder lentoasema - Flughafen.“ Generell sei die finnische Sprache für Fremde schwierig, da die Wörter eine für uns sehr unnatürliche Schreib- und Sprechweise haben, berichtet Sarah. „Außerdem gleicht die alltägliche Sprache der Finnen nicht direkt der Sprache in den Wörterbüchern.“
Der Auslandsaufenthalt brachte Sarah Naumann hinsichtlich ihrer Ausbildung sowie in ihrer persönlichen Entwicklung ein gutes Stück voran. „Ich finde es sehr wertvoll, andere Arbeitsweisen, Labororganisationen und Räumlichkeiten kennengelernt zu haben. Das gibt mir das Gefühl, etwas „über den Tellerrand“ hinaus schauen zu können. Da die Arbeitsgruppe einen anderen Forschungsschwerpunkt hat, konnte ich fachlich dazulernen, habe eine Einsicht in deren Forschung bekommen und außerdem viele neue Leute kennengelernt.“ Da während des Praktikums – mit wenigen Ausnahmen, nur Englisch gesprochen wurde, konnte Sarah ihr Englisch verbessern. „Ich konnte mich auch persönlich weiterentwickelt, da ich dort mehr oder weniger auf mich allein gestellt war.“
Die Einblicke in die Arbeitswelt an einer finnischen Universität empfand Sarah Naumann als sehr angenehm. „Ich bin gerne zur Uni gegangen. Meine Kollegen waren sehr offen und freundlich, so dass wir uns schnell gut verstanden haben und Spaß auf Arbeit hatten.“ Darüber hinaus seien auch alle anderen, mit denen sie weniger Kontakt hatte, jederzeit hilfsbereit gewesen. Einige Dinge würden anders gehandhabt, als hier in Deutschland, was Sarah sehr interessant fand. „Vieles scheint ähnlich zu sein, jedoch ist es meiner Meinung nach dennoch nicht vergleichbar“, berichtet Sarah.
Die übergeordneten, allgemeineren Dinge seien gleichermaßen: beispielweise gibt er an der finnischen Universität, wie auch am FLI, verschiedene Core Facilities (eigene Maushaltung oder Massenspektrum- und Sequenzierungs-Facility). „Wenn man etwas genauer hinschaut – in Bezug auf den Alltag am Arbeitsplatz, sind die Unterschiede signifikanter.“ So würde die Müllentsorgung und das Autoklavieren anders gehandhabt und es sei nicht gängig, eine technische Assistentin bzw. technischen Assistenten (TA) in allen Arbeitsgruppen zu haben, wie Sarah erzählte. „Im Laboralltag habe ich viele Methoden wiedererkannt, sie dort jedoch anders ausgeführt.“
Sarah hat während ihres Praktikums eng mit einer anderen Praktikantin aus den Niederlanden zusammengearbeitet. „Über die Zeit haben wir uns auch persönlich gut verstanden und wir stehen jetzt noch ab und zu in Kontakt.“
Neben der Arbeit konnte Sarah Naumann auch die Stadt Oulu erkunden – die fünftgrößte Stadt des Landes, einige Sehenswürdigkeiten anschauen und neue Freundschaften knüpfen. „Außerdem habe ich unzählige Cafés ausprobiert, unter anderem auch mit Arbeitskollegen. Da die Finnen weltweit an erster Stelle stehen, was den Kaffeekonsum betrifft, war dies ein Selbstläufer“, berichtet Sarah. Darüber hinaus hat sich Sarah ein Eishockey-Spiel angeschaut und war in einem nahegelegenen Skigebiet zum Snowboardfahren. „Eines meiner Highlights war es, auf dem zugefrorenen Meer zu laufen. Generell habe ich es sehr genossen, mal wieder „echten Winter“ und viel Schnee über längere Zeit zu erleben. Leider konnte ich keine Polarlichter sehen“, was Sarah sehr bedauert.
Ihr Fazit nach der Rückkehr am FLI ist eine klare Empfehlung an andere Auszubildende, ein Auslandspraktikum zu absolvieren: „Es ist eine super Möglichkeit, ein anderes Arbeitsumfeld kennenzulernen und verschiedene Methoden zu sehen. Ich schätze es sehr, mit fremden Menschen in Kontakt zu kommen und andere Persönlichkeiten kennenzulernen. Im Hinblick auf meine Ausbildung konnte ich fachlich einiges dazulernen. Außerdem wächst man auch persönlich, da man Eigeninitiative zeigen und Verantwortung übernehmen muss.“