„Medikamenten-Cocktails - der neue Sprit im Alter?“ – Vortrag in der Reihe „Science & Society“

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Obwohl Arzneimittel vor ihrem therapeutischen Einsatz eingehend auf ihre pharmakologische Wirkung im menschlichen Körper untersucht werden, treten bei deren Anwendung bei verschiedenen Patienten beträchtliche Unterschiede in ihrer Wirkung oder sogar unerwartete Nebenwirkungen auf. Woran liegt das? Welche Rolle spielen die persönlichen Merkmale des Patienten dabei und was ist bei der Einnahme von Medikamenten-Cocktails zu beachten? Dies erläutert Prof. Dr. med. Julia Stingl (RWTH Aachen) in ihrem Vortrag „Medikamenten-Cocktails - der neue Sprit im Alter?“ in der öffentlichen Vortragsreihe „Science & Society“ am 28. September 2023 (16.00 Uhr) im Hörsaal des Abbe-Zentrums Beutenberg in Jena.

Jena/Aachen. In der Medizin eingesetzte Medikamente sollen uns helfen, gesund zu werden. Sie können dabei die Beschwerden der Patienten lindern, den Körper bei der Heilung unterstützen und sogar dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern. Doch jedes noch so heilsame Medikament, das vor seinem therapeutischen Einsatz eingehend auf seine pharmakologische Wirkung im menschlichen Körper untersucht wird, kann gleichwohl schädlich sein und zu unerwünschten Neben­­wirkungen führen, so dass der Arzt bei der Verschreibung von Medikamenten die möglichen Schäden der Behandlung gegen den zu erwartenden Nutzen sorgfältig abwägen muss. Denn jeder Mensch ist individuell, besitzt besondere persönliche Merkmale, wie Alter, Gewicht, Größe, Geschlecht und Genetik, und reagiert daher anders auf bestimmte Wirkstoffe.

Doch was passiert, wenn zur Behandlung nicht nur ein Medikament verschrieben wird? Wenn mit zunehmendem Alter und mehr und mehr Wehwehchen dem Patienten ein täglicher Medikamenten-Cocktail verabreicht wird? Kann durch Wechselwirkung mit anderen Medikamenten und möglicher Verstärkung unerwünschter Nebenwirkungen (Polypharmazie) dann noch sicher die erwünschte, heilsame Wirkung der eingenommenen Medikamente vorhergesagt werden? Gibt es bereits Ansätze, das individuelle Risikoprofil des Patienten mit in den Behandlungsplan einfließen zu lassen? Und welche zentrale Rolle übernehmen dabei die klinische Pharmakologie und beispielsweise die Einrichtung von Polypharmazie-Ambulanzen?

Diese und andere wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten, gerade bei älteren Menschen, erläutert die klinische Pharmakologin, Prof. Dr. med. Julia C. Stingl, in ihrem Vortrag zu „Medikamenten-Cocktails - der neue Sprit im Alter? Wirkung und Nebenwirkungen bei Multimedikation im Alter“, der im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe „Science & Society“ am 28. September 2023 im Hörsaal des Abbe-Zentrums Beutenberg in Jena stattfindet (Beginn: 16 Uhr).

Prof. Stingl, die das Institut für Klinische Pharmakologie an der Uniklinik der RWTH Aachen leitet, wird dabei insbesondere die Ziele der klinischen Pharmakologie vorstellen, die die Ursachen für die Variabilität in der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneimitteltherapien bei Patienten genauer untersucht. Denn dieses Verständnis soll dazu beitragen, unter Berücksichtigung der individuellen Risikoprofile der Patienten, zukünftig bessere Ansätze für eine personalisierte Medizin entwickeln zu können.

Darüber hinaus wird Prof. Stingl auf aktuelle Studien über Patienten eingehen, die im Rahmen der Polypharmazie-Ambulanz am Uniklinikum Aachen gemeinsam mit der Altersmedizin durchgeführt werden. Denn insbesondere bei älteren Menschen ist das Risiko unerwünschter Wirkungen deutlich erhöht, da sie meist mehr als nur ein Medikament verschrieben bekommen und auch Fehler in der Medikation auftreten können. Bei ihnen muss daher die Kombination von Arzneimitteln unter Berücksichtigung des Alters, ihrer Pharmakogenetik und Lebensweise (z.B. Pflegebedürftigkeit, Mobilität und Ernährung) besonders sorgfältig ausgewählt werden, um eine personalisierte Ent­scheidung für eine wirksame und auch sichere Therapie treffen zu können.

Die Referentin

Prof. Stingl ist Fachärztin für Klinische Pharmakologie. Nach Abschluss ihres Medizinstudiums an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (1997) arbeitete sie als Ärztin im Bereich der Psychiatrie und Klinischen Pharmakologie in Berlin. Sie habilitierte 2004 zum Thema „Pharmakogenetisch basierte Therapieempfehlungen“ an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und wechselte an die Universität zu Köln. Von 2006 bis 2012 war sie als Universitätsprofessorin für das Fach Klinische Pharmakologie an der Universität Ulm tätig; von 2012 bis 2019 als Professorin für Translationale Pharmakologie an der Universität Bonn. In dieser Zeit (ab 2014) hatte sie auch das Amt als Vize­präsidentin und Leiterin der Abteilung 5 (Forschung) am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfAM) inne. Seit Oktober 2019 leitet sie das Institut für Klinische Pharmakologie an der Uniklinik der RWTH Aachen.

Sie veröffentlichte auf dem Gebiet der Individualisierten Arzneimitteltherapie, Arzneimittel­sicher­heit und Pharmakogenetik ihre Forschungsergebnisse in etwa 300 wissenschaftlichen Artikeln und Buchbeiträgen. Darüber hinaus leitet(e) sie zahlreiche drittmittelgeförderte, internationale For­schungsprojekte sowie europäische Forschungsverbünde und wurde mit Preisen ausgezeichnet.

Neben ihrer Forschungstätigkeit arbeitet Prof. Stingl in einer Vielzahl von Gremien und Konsortien mit. Sie ist z.B. seit 2019 Mitglied der Arbeitsgruppe „Wissen generieren durch Vernetzung von Forschung und Versorgung“ (Nationale Dekade gegen Krebs, BMBF) und seit 2021 Mitglied im Executive Committee der Europäischen Fachgesellschaft für Klinische Pharmakologie. Im Rahmen des „1+ Million Genome“-Projektes der Europäischen Kommission wurde sie 2023 durch das BMBF als Vertreterin Deutschlands in die Arbeitsgruppe Pharmakogenetik berufen. Bereits seit 2004 ist sie außerordentliches Mitglied der Arzneimittel-kommission der Deutschen Ärzteschaft.

Öffentliche Vortragsreihe „Science & Society“

Die zweimal jährlich stattfindende öffentliche Vortragsreihe „Science & Society“ erweitert die in Jena betriebene naturwissenschaftlich-medizinische Grundlagen­forschung zum Altern um gesell­schaftliche und soziale Aspekte und wird vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) zusammen mit dem Beutenberg-Campus Jena e.V. organisiert.

Zu der Veranstaltung sind alle Interessenten herzlich eingeladen.

Veranstaltungsinformationen

Der „Science & Society“-Vortrag findet am 28. September 2023 in Präsenz im Hörsaal des Abbe-Zentrums Beutenberg in Jena statt (Beginn: 16.00 Uhr). Kostenlose Parkplätze stehen unterhalb des Abbe-Zen­trums Beutenberg zur Verfügung. Der Vortrag wird auf Deutsch gehalten. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

Wir bieten auch einen Live-Stream an. Bitte nutzen Sie dafür den Link auf unserer Webseite: https://www.leibniz-fli.de/de/news-events/events

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Mit finanzieller Unterstützung durch die Gottschalk Stiftung.

Kontakt

Dr. Kerstin Wagner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 03641-656378, E-Mail: presse@~@leibniz-fli.de