"Forever young - wie plastisch sind unsere grauen Zellen?" Hirnforschung im Mittelpunkt des ersten Magdeburger Leibniz-Forums (WGL)

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Am kommenden Freitag, 3. November 2006, findet in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts ein Leibniz-Forum statt. Unter dem Motto "Forever young - wie plastisch sind unsere grauen Zellen?" lädt die Leibniz-Gemeinschaft Bürgerinnen und Bürger zu einer kostenlosen Diskussionsveranstaltung in die Johanniskirche ein. Unter den prominenten Gästen auf dem Podium sind Wissenschaftler aus Instituten der Leibniz-Gemeinschaft und der Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Jan-Hendrik Olbertz, selbst Professor für Erziehungswissenschaft.

"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr." Dieses Sprichwort muss revidiert werden. Denn "Hans" kann doch viel besser lernen, als man noch bis vor wenigen Jahren glaubte. Die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung belegen, dass unser Gehirn gestaltbar ist ? und dies ein Leben lang bleibt. Das provoziert Fragen und eröffnet neue Perspektiven.

Henning Scheich, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (IfN), Magdeburg, versteht Lernen als einen regelhaften Prozess, der quantitativ im Experiment untersucht werden kann. Menschliches Lernen wird im Unterschied zu technischen Speicherprozessen sehr von Motivation und Bedeutung der Information beeinflusst, nur als wirklich wichtig erachtete Inhalte gelangen in unseren Langzeitspeicher, und dabei spielt der Neuromodulator Dopamin eine große Rolle.

Eckart D. Gundelfinger, Molekularbiologe am Magdeburger Leibniz-Institut für Neurobiologie, erklärt: "Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen in unserem Gehirn erfolgt an speziellen Kontaktstellen - den Synapsen. Die Modulation der Informationsübertragung an solchen Synapsen spielt eine wichtige Rolle beim Lernen und bei Gedächtnisprozessen. Die synaptische Übertragung kann zum Beispiel durch bestimmte Psychopharmaka gezielt beeinflusst werden. Synapsen wären übrigens auch ein geeigneter Ort, an dem eine 'Lernpille' ihre Wirkung entfalten könnte."

Einen anderen, nicht weniger spannenden Blick, hat Anna M. Wobus auf das Thema. Sie ist Stammzellforscherin am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben: "Die Stammzellforschung arbeitet langfristig auch daran, neurologische Erkrankungen wie z.B. Parkinson und Multiple Sklerose oder die Folgen eines Schlaganfalls zu bekämpfen. Inzwischen belegt ist die überraschende Erkenntnis, dass auch im Gehirn des Erwachsenen und selbst älterer Menschen adulte Stammzellen ,schlummern'. Gelänge es, diese gezielt zu aktivieren, dann könnten sie die Funktion der geschädigten oder zerstörten Nervenzellen übernehmen".

Ekkehard Nuissl von Rein, Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE), verweist auf die umweltbedingten Einflüsse, die jeden Lernprozess mit bedingen: "Wichtig beim Lernen sind nicht nur die grauen Zellen, gelernt wird immer im Lebenskontext ? gerade auch mit wachsendem Alter."

Jan Hendrik Olbertz, Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt und Professor für Erziehungswissenschaft, betont: "Grundwissen und eine allgemeine Lernfähigkeit werden durch die Schule vermittelt. Das eigenständige Lernen zu entwickeln und für ständigen Kompetenzzuwachs zu sorgen, ist aber nicht allein Aufgabe der Schule. Jeder muss diesen Anspruch an sich selbst entwickeln."

"Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leibniz-Gemeinschaft erforschen unser "zentrales Organ" und seine Funktionsweise auf interdisziplinäre Art und Weise, die typisch für die Leibniz-Gemeinschaft ist", sagt Leibniz-Präsident Ernst Theodor Rietschel. "Mit der Erforschung des Gehirns und des Lernens aus Sicht der Neurobiologie, der Stammzellforschung und der Bildungswissenschaften wird eines von mehreren Alleinstellungsmerkmalen der Leibniz-Einrichtungen deutlich: Sie sind wie keine andere Forschungsorganisation in der Lage, eine Brücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu schlagen."

Diskutieren Sie beim ersten Magdeburger Leibniz-Forum mit hochrangigen Experten. Hirnforscher, Stammzellexperten und Bildungswissenschaftler aus Instituten der Leibniz-Gemeinschaft stehen auf dem Podium Rede und Antwort. Die Forscherinnen und Forscher berichten von ihrer Arbeit und über aktuelle Projekte. Sie diskutieren mit dem Publikum und beantworten Ihre Fragen. Das Leibniz-Forum reiht sich als offene Bürgerveranstaltung ein in das Magdeburger "Jahr der Wissenschaft".

In der "Leibniz-Gasse", die parallel zur Diskussionsveranstaltung in der Johanniskirche aufgebaut wird, zeigen sieben Institute der Leibniz-Gemeinschaft Beispiele ihrer Forschungsarbeit. Fünf von ihnen sitzen in Sachsen-Anhalt: das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, das Leibniz-Institut für Neurobiologie der Landeshauptstadt Magdeburg. In Halle sind das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa, das Institut für Wirtschaftsforschung und das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie beheimatet. Weitere Gäste in der Leibniz-Gasse sind das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung, Bonn, und das Leibniz-Institut für Altersforschung, Jena. Ab 17:30 Uhr sind die Bürgerinnen und Bürger eingeladen, durch die Leibniz-Gasse zu schlendern, um spannende und exzellente Forschung aus der Nähe kennen zulernen.